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Frauen-Streifzug „ARBEIT UND WIRTSCHAFT: INKLUSIV!“

25.03.2025, 15:30-17:30

Arbeit und Wirtschaft: Inklusiv! Ein Bericht

Der Frauen*Monat März brachte zahlreiche interessante Veranstaltungen. (https://0803.at/) Die Frauengruppe von Selbstbestimmt Leben-Steiermark, inspire mit Projekt „Anerkannt!“ und Kunsthaus Graz haben dazu mit einem Streifzug der besonderen Art beigetragen. Das gesellschaftlich topaktuelle Motto war nämlich „Arbeit und Wirtschaft: Inklusiv“. Zuwandernde Frauen und Frauen mit Behinderungen sind auffallend oft vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Das bedeutet geringere finanzielle Absicherung und gesellschaftliche Teilhabe.

Am 25.03.2025 traf sich eine bunt zusammengesetzte Gruppe von Frauen und Männern vor dem Frauenservice Graz. Die Gebärdensprach-Dolmetschung erleichterte die Kommunikation mit hörbeeinträchtigten Personen. Ukrainische Frauen nahmen ebenfalls teil. Sarah Schlager begrüßte alle Anwesenden. Sie ist ebenso wie Katharina Steiner, Sophie Jaufer, Christine Loneck und Edith Zitz aktiv in der Frauen*gruppe von Selbstbestimmt Leben-Steiermark. Katharina Steiner – Kulturanthropologin und Aktivistin – eröffnete mit folgenden Überlegungen zum Thema Frauen* mit Behinderungen und zuwandernde Frauen: „Arbeit ist mehr als nur ein Einkommen. Sie bedeutet Selbstbestimmung, soziale Teilhabe und Anerkennung.  Doch wie sieht es mit der Zugänglichkeit von Arbeitsplätzen aus? Mit fairer Bezahlung? Und mit Gleichberechtigung? Menschen mit Behinderungen und Migrationserfahrung stoßen noch immer auf zahlreiche Hürden – seien es strukturelle Barrieren, Vorurteile oder das Fehlen von echten Möglichkeiten, sich beruflich zu entfalten. Wirtschaft wiederum ist ein Raum der Gestaltung. Sie beeinflusst, wer Zugang zu Ressourcen, Chancen und Netzwerken hat. Doch wie kann Wirtschaft inklusiv gestaltet werden? Wie schaffen wir Arbeitswelten, in denen Vielfalt nicht nur akzeptiert, sondern als Bereicherung gesehen wird?“

So sind Personen mit psychischen oder physischen Beeinträchtigungen bzw. Krisenerfahrungen deutlich öfter von Ausgrenzung und Diskriminierung betroffen – mit nachteiligen Folgen für ihre Gesundheit. Dies verstärkt sich nochmals bei Frauen und Mädchen. Zum Glück wurde 2024 der Verein Frauen mit Behinderungen gegründet. Ablismus, Sexismus und Rassismus schädigen nicht nur Individuen, sondern die Gesellschaft als Gesamtheit. Diskriminierungen bringen Arbeit und Wirtschaft zum Erliegen, weil bestehende Kompetenzen unterdrückt werden.

Der Nationale Aktionsplan Behinderung 2022-2030 bildet die österreichische Strategie zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Er verweist darauf, dass Menschen mit Behinderungen überdurchschnittlich stark der Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung ausgesetzt sind. Migrant*innen betrifft dies nochmals verschärft. Zudem sind 20% der Personen mit Behinderung nicht oder nur in geringem Ausmaß in der Erwerbsarbeit tätig. Dies bedeutet weniger Teilhabe-Möglichkeiten am öffentlichen und gesellschaftlichen Leben sowie vielfache Barrieren. Die Inklusionsstrategie der Stadt Graz aus 2023 weist ähnliche alarmierende Daten aus und belegt – wie auch andere Publikationen -, dass der Zugang etwa zu Verkehrsmitteln und Gebäuden, aber auch zu digitalen Angeboten erschwert ist.

Die Gruppe begab sich dazu im Bezirk Lend auf Spurensuche.

Am beliebten Lendmarkt fiel auf, dass dieser für Menschen mit Behinderungen nicht gut zugänglich ist, wenn viel Gedränge und Hektik herrschen. Nachmittags sind hier skatende Burschen unterwegs: Da ist es wichtig, dass sie sich mit weiteren Bevölkerungsgruppen den öffentlichen Raum fair teilen. Eine gute Initiative ist, dass die attraktiven Adventmärkte in Graz barriereärmer gestaltet werden sollen: Dazu gibt es sogar einen Gemeinderatsbeschluss und Schulungen für die Standbetreiber*innen. David Kriebernegg, Inklusionskoordinator, berichtete über die Bedeutung, den Zugang zu allen Angeboten und Dienstleistungen sicherzustellen.

Am Beginn der Mariahilferstrasse fand die verkehrsberuhigte Zone guten Anklang. Ein Baum mit Bank unter dem Schild „Hier ist Platz“ lud die Gruppe zum Verweilen ein. Barbara Sima-Ruml, Architektin, Rollstuhlnutzerin und Sachverständige für barrierefreies Bauen, berichtete anschaulich aus ihrem Alltag: Ein bekanntes Brillengeschäft hatte jahrelang in der Herrengasse ein barrierefreies Geschäftslokal. Es übersiedelte vor kurzen in ein nicht mehr barrierefreies Gebäude, was Personen mit Behinderung – konkret im Rollstuhl – als Kund*innen ausschließt.

In der Stockergasse sammelte sich die Gruppe vor dem Amtsgebäude, wo sich die Wirtschaftsabteilung der Stadt findet. Diese zeigt interessantes und kontinuierliches Engagement im Bereich Diversität, wo sie sich z.B. der Berufsanerkennung von Migrant*innen und Vielfalt in der betrieblichen Grazer Landschaft annimmt. Das Feld der Inklusion – bezogen auf Behinderung und chronische Krankheit – ist jedoch noch ausbaufähig. Barrierearme Gastronomie hat übrigens bereits einige gute Ansätze in Graz. Damit jedoch alle die breit gefächerte Kulinarik erleben können, sollten die Betriebe verstärkt entsprechende Maßnahmen setzen: vom hindernisfreien Zugang bis zum eigenen Behindertenparkplatz und einer inklusiven Einstellungspolitik der Mitarbeitenden – inklusive Chef*in. Es gibt übrigens eine eigene Liste von barrierefreien Heurigen in der Steiermark – wo übrigens oftmals Migrant*innen beruflich tätig sind.

Am Mariahilferplatz berichtete Ruth Bolterauer, Archäologin und Romanistin, aus ihrer Lebensgeschichte und von ihrer Erkrankung, die sie zu ihrer Tätigkeit im Universalmuseum Joanneum führte.

In der Mariahilferstraße fiel auf, dass das Offline-Shop nicht mehr da ist. Er findet sich nun in der Sporgasse. Er bietet niederschwellige Beschäftigungsmöglichkeiten.

Am Ende des Streifzuges führte Direktorin Andreja Hribernik im Kunsthaus Graz (Südtiroler Platz) die Teilnehmenden durch einen Teil der Ausstellung „Freeing the voices“. Eva Ofner, für Inklusion zuständig, organisierte den barrierefreien Ablauf des Besuches in diesem komplexen Gebäude. Denn auch Kultur und Kunst sind Teil der Wirtschaft. Sie können eine wichtige Rolle dabei spielen, neue Perspektiven zu eröffnen. Frau Hribernik lud die Teilnehmenden zu einer Tasse Tee in der spektakulären Needle ein, die einen faszinierenden Blick auf die Grazer Innenstadt bietet. Sie berichtete sehr anregend und spannend über ihren persönlichen und beruflichen Werdegang und über die Bedeutung von Kunst in gesellschaftlich anspruchsvollen Zeiten. Gebärdensprachdolmetsch Tiana Jerkovic und Kollegin überlegten übrigens, ob sie für die „Needle“ eine eigene Gebärde entwickeln.

Edith Zitz von inspire/Projekt Anerkannt! stellte abschließend fest, dass an diesem Nachmittag neue Bündnisse für eine zuversichtliche, inklusivere Zukunft entstanden sind: Diese gilt es achtsam auszubauen.

Fotos: (c) Nikos Zachariadis

Eine Veranstaltung im Rahmen von „Anerkannt!25“ während des Frauen*Monat März (https://0803.at/)

 

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